Zurück am Ort des Übergangs genau ein Jahr später.
Und nun sitze ich hier in der Cafeteria in dem Krankenhaus, in dem mein Papa vor genau einem Jahr verstorben ist und schreibe diesen Blogbeitrag nachdem ich Flyer auf der Station verteilt habe. Ein komisches Gefühl, was ich nicht beschreiben kann.
Ich bin das erste Mal wieder hier an dem Ort - am Sterbeort.
Ich war wohl nicht wegen den paar Treppenstufen außer Atem als ich auf der Station ankam, sondern wohl eher weil einem die Luft wegbleibt, wenn man wieder so nah dran ist.
Worüber ich hier heute schreiben möchte, weiß ich gerade gar nicht genau, aber ich lasse es einfach mal fließen.
Für mich war eines der schlimmsten Dinge an der ganzen Situation die ganzen Krankenhausbesuche und jeden Tag voller Ungewissheit den gleichen Gang entlang zu laufen. Was erwartet mich heute? Welcher Anblick? Wie geht es ihm heute? Besser oder wieder schlechter? Ist er heute gut drauf, schlecht drauf, wütend, traurig oder ängstlich? Möchte er heute reden, was spielen oder nur schlafen und ich sitze einfach da?
Das waren immer Fragen die mir, auf genau diesem Gang, immer durch den Kopf gegangen sind.
Manchmal habe ich mich gefragt wie viel Kraft ein Mensch haben kann? Sowohl auf meinen Papa bezogen, welches Leid er alles ertragen musste, aber auch auf meine Mama und mich bezogen, die das alles mit anschauen und mit aushalten mussten?
Ich habe mich schlecht gefühlt, wenn ich Gedanken hatte wie "Ich kann nicht mehr." "Wie lange können wir das noch so schaffen?" Denn ich muss doch stark sein für meinen Papa und auch für meine Mama. Man muss doch trotzdem immer mit einer positiven Energie in den Raum kommen? Denn wenn ich schon traurig und mit wenig Energie rein komme, wie soll mein Papa es dann schaffen weiterzumachen?
Aber irgendwann kann man das auch nicht mehr immer und dann ist entweder Stille da oder wir haben einfach alle gemeinsam geweint und es rausgelassen und letztendlich hat auch das dann immer gut getan. Zwar will in so einer Situation jeder für jeden stark sein, aber am Ende ist es auch einfach ok zu fühlen und sich wahrhaftig mit allen Gefühlen auf diese Situation einzulassen. Ich bin dankbar, dass wir das nach einigen Monaten erkannt haben und uns dann nichts mehr vorgemacht haben. Auch wenn es die ganze Situation noch schwerer gemacht hat uns gegenseitig leiden zu sehen.
Ich kann jedem nur ans Herz legen - egal wie schwer es ist, nutzt die Zeit und kommuniziert, redet, zeigt euch verletzlich, sagt wie ihr euch fühlt, was euch fehlen wird, wofür ihr dankbar seid, was ihr noch gerne erleben würdet, gebt euch der Situation hin. Ja das ist einfach nur scheiße, aber zumindest verbringen wir die scheiß Zeit jetzt noch wahrhaftig, tief verbunden, ganz intensiv, komplett geöffnet, hingebungsvoll und voller Liebe.
An der Stelle kann ich euch das Buch "Papa, erzähl doch mal" sehr empfehlen.
Gibt es auch für Mamas, Omas, Opas, etc. Ich hatte meinem Papa das Buch zu unserem letzten Weihnachten geschenkt, wo wir schon wussten, dass es das Letzte ist. Das Buch hat uns sehr geholfen, offen zu reden, in Erinnerungen zu schwelgen, Gedanken gemeinsam festzuhalten und uns Dinge zu erzählen, die wir vielleicht noch nicht wussten. Mein Papa hatte zwar keine Kraft mehr zum schreiben, aber wir haben es ihm dann immer vorgelesen und für ihn aufgeschrieben. (persönliche Empfehlung - keine Werbung)
Jetzt danach bedeutet das Buch mir die Welt. Es stehen so wunderschöne Erinnerungen drin. Einen Teil davon habe ich auch in meine Trauerrede integriert.
Was waren Dinge, die dir auf dem Weg geholfen haben?
Schöne Rituale, Bücher, Filme oder Menschen, die deine schwere Zeit geprägt haben? Schreib es mir gerne in die Kommentare.
Ganz viel Kraft und liebe an dich!
Deine Kristina
Die nächsten Veranstaltungen:
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Und es wird bald auch weitere Trauer Makramee Veranstaltungen online und offline geben.
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Danke für diesen schönen, wenn auch traurigen Text! Er hat mich sehr gerührt und mich an unsere letzte gemeinsame Zeit mit meiner Mama mit all den Gedanken und Gefühlen erinnert. Auch ich habe meiner Mama zu ihrem letzten Geburtstag kurz vor ihrem Tod das Ausfüllbuch „Was ich an dir liebe, Mama“ geschenkt, was nun neben „Was ich an dir liebe, Tochter“ (was sie mir wiederum Jahre zuvor geschenkt hatte) in meinen Bücherschrank als heiliger Gral für mich steht. Es ist unfassbar bewegend und aufwühlend für mich, Blicke in diese Bücher -gefüllt mit Erinnerungen - zu werfen und gleichzeitig empfinde ich tiefe Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, die wir zusammen hatten und für die unendliche Liebe, die uns für immer verbinden…